Bericht Winterreise: Expedition zum Polarlicht

22:30 Die Durchsage der Stewardess lässt alle Köpfe nach rechts gehen. „On the right you may see polar lights.“

Leider ist die Positionsleuchte an der rechten Tragfläche doch zu hell um das schwache grüne Leuchten gut zu erkennen.

Kurz darauf erzittert die Maschine. Die Landeklappen sind ausgefahren.

Einige Windböen schütteln uns bevor die Räder festen Kontakt zur Landebahn haben, Schnee weht auf.

Eine Gangway ist unser Weg in die kalte Frische, eisig frischer Wind nimmt uns in Empfang.

Kiruna Airport zeichnet sich durch deutlich kürzere Wege als Frankfurt oder Stockholm Arlanda aus. Die Passagiere laufen  wenige Minuten in die Halle mit der Gepäckausgabe. Das Förderband fördert Gepäck in bunter Vielfalt aus der Wand. Unser sperriges Gepäck macht wieder mal den Schluss.

2015-02-16 Lappland Expedition 12-04-32
eisiges Ortsschild

 

Die letzte Etappe unserer Anreise ist die Taxifahrt zum Hotel.

Ein Shuttlebus ist nicht in Sicht. Der Taxi Stand ist um diese Zeit leer.

Die Taxifahrer müssen einzeln telefonisch bestellt werden. Der Tarif ist gesalzen, 350 Kronen für die relativ kurze Fahrt.

Das Hotel sieht verlassen aus. Die äußere Tür ist offen, die innere nicht. Wir sind für späten Check In angemeldet aber es ist niemand zu sehen.

Ein an der Wand befestigter Zettel klärt uns auf. Wir sollen eine Nummer anrufen. Am anderen Ende sagt uns eine Stimme einen Zahlencode, den wir in eine Tastatur an der Wand eintippen. Piep und eine Klappe mit unseren Schlüsselkarten öffnet sich. Damit können wir das Hotelzimmer beziehen.

 

Bishop Amrs Hotel und Pub
Bishop Arms Hotel und Pub

Das Frühstücksbuffet versorgt uns mit neuer Energie und der Kaffee sorgt dafür dass sie zügig verarbeitet wird.

Danach geht es zum Einkaufen für die 10 Tage, die wir im Fjäll, also im Gebirge verbringen werden. Kohlenhydrate, bestehend aus Nudeln und CousCous gepaart mit Suppe in Form gekühlter Würste werden das Abendessen. Blaubeersuppe als Nachtisch soll unsere Geschmacksrezeptoren unterhalten, ja sie soll sogar Vitamine enthalten. Dazu Kaffee und einige Päckchen Tee für etwas Geschmack bei der Flüssigkeitsversorgung.

Trinken ist sehr wichtig auf solchen Touren. Viel Bewegung an der trockenen Luft trocknet schnell aus.

Nach dem Packen der Pulkas setzen wir uns in ein kleines Schnellrestaurant. In der Sonne sitzend essen wir und genießen die wärmenden Strahlen.

Der Shuttlebus bringt uns zum neuen Bahnhof.

Kiruna ist im Umzug begriffen. Die Eisenerz-Mine frisst sich immer näher an die Stadt und da sie die Lebensader dieser Gegend ist, muss ganz Kiruna umziehen.

2015-02-16 Lappland Expedition 09-26-42
Bohnensuppe in Würsten

 

Am Busterminal treffen wir zwei Münchner, die auch auf den Kungsleden wollen.

Der einzige Fahrkartenautomat im Bahnhof wird von einer Asiatin beschäftigt, die verzweifelt versucht Tickets zu kaufen. Leider tippt sie immer wieder die falsche Geheimzahl ein. Erst mit der dritten Kreditkarte hat sie Glück und die Nummer passt.

 Zwei Stunden fährt der Zug bis wir in Abisko Tourist Station aussteigen. Es dämmert schon, daher beeilen wir uns auf den Weg zu kommen.

Bis zum ersten Zeltplatz schaffen wir es leider nicht mehr. Der Pfad ist nicht komplett gespurt und führt durch einige Bodenwellen. Manche Anstiege sind steil und anstrengend mit dem vielen Gepäck. Es ist bereits nach neun Uhr als wir entscheiden anzuhalten.

Wir bauen gemeinsam mit dem Münchner Paar unser Camp auf einer Anhöhe auf. Ich baue das Zelt auf, Karsten schmilzt Schnee und kocht das Essen. Es ist Sternenklar und kalt. Plötzlich ruft eine Stimme Nordlichter!

Wow was für ein Naturerlebnis. Die Stille des Birkenwaldes, die klare Nacht und dazu tanzen diese grünen Lichterscheinungen durch den Himmel.

2015-02-16 Lappland Expedition 22-01-12
Mein ertes Nordlicht in sternenklarem Himmel.

 

Kameras werden gezückt. Fotos geschossen und verschiedene Einstellungen durchprobiert.

Trotz der Eile sind manche Bilder gar nicht schlecht. Irgendwie waren wir gar nicht darauf vorbereitet.

Viel zu schnell verschwindet die Aurora wieder. Ob wir sie noch ein Mal so schön sehen?

Sternenklare Nächte sind kalt. Das kleine Thermometer an meinem Rucksack zeigt ca. 25 Grad minus an.

Am nächsten Morgen ist alles gefroren. Ausrüstung, die draußen übernachtete, ist von Myriaden kleiner Eiskristalle überzogen. Die Kälte ist bei jeder Bewegung hörbar. Eisklare Luft, kein Laut von Zivilisation ist zu hören.

 

Das erste Tageslicht - Morgenrot schlecht Wetter droht?
Das erste Tageslicht – Morgenrot schlecht Wetter droht?

Wir tauen Schnee, kochen Kaffee für gleich und Tee für die Thermosflaschen.

Für jeden noch einen halben Liter Wasser in das Müsli mit Milchpulver ergibt das Frühstück.

Bei diesen Temperaturen muss man sich anpassen. Gefrorene Narungsmittel aus der Verpackung zu holen kann hier zur Herausforderung werden. Getränke werden aus Pulver und aufgetautem Schneewasser hergestellt. Alles flüssige friert ein, sofern es nicht aus hochprozentigem besteht.

So bilden Kaffee, Tee, lösliche Getränke und Milchpulver die Lösung um etwas Geschmack ins Wasser zu bringen.

Marmelade und Co verbieten sich von selbst, man könnte sie nur als Lutschbonbon benutzen.

Zum Kochen eignen sich gefrorene oder trockene Vorräte wie Nudeln und Reis. Wir haben CousCous dabei, da muss nur heisses Wasser darüber, die Kochzeit entfällt. Bei Nudeln sollte man auch auf kurze Garzeiten achten. Reis, den man 20 Minuten kochen muss ist aus Gründen der Treibstoffbevorratung eine schlechte Wahl. Um morgens das Wasser zu gewinnen, auf Kochtemperatur zu bringen und abends Essen zu kochen, muss man fast einen viertel Liter Kocherbenzin oder Gas durch die Düse des Kochers jagen. Das macht mit etwas Reserve 2 Liter pro Woche. Gut dass wir auch mit Holz heizen können oder ab und zu in einer Hütte übernachten, wo ein Gaskocher bereit steht.

 

Morgenrot über den Bergen
Morgenrot über den Bergen

Nach den Frühstück packen wir zusammen und machen uns auf den Weg.

Die Münchner bleiben noch, sie werden Ihre Planung ändern und in der Nähe von Abisko bleiben.

Wir hingegen erklimmen unser erstes Hochtal, das erste Ziel ist die Kaasevagge Hütte. Von dort führt ein Weg über die Berge zur  Abiskojaure Stuga.

Nur kommt es auch bei uns anders als geplant. . .

 

Mitch mit Pulka
Mitch mit Pulka

Nach einem Kilometer auf dem ungespurten Trampelpfad erreichen wir eine gut ausgefahrene Scooterspur, der wir bergauf folgen. Sie führt uns in das Hochtal, anfangs durch den lichten Birkenwald, später nachdem wir die Baumgrenze hinter uns gelassen haben, über das Eis des Flusses. Immer wieder geht es auf und ab. Die Kaskaden des Baches müssen umgangen werden, Felsen umrundet.

Der Weg ist grob markiert durch die flachen roten Kreuze an ihren Holz- oder Eisenstangen. Die Spur der Schneemobile folgt meist einer direkteren Route, so sind wir froh um die Ortskenntnis der Fahrer.

Das Wetter wird immer trüber :-(
Das Wetter wird immer trüber 🙁

Bei Einbruch der Dämmerung erreichen wir die Hütte. Ein wortkarger Schwede ist mit der Renovierung der Räume beschäftigt. Er sagt, dass die Hütte derzeit nur im Notfall geöffnet werde und er hier noch zu arbeiten habe. Außerdem hätten wir ja bestimmt ein Zelt dabei, könnten also draußen übernachten.

Also bauen wir unser Zelt auf, stellen den Zeltofen und machen ein Feuer darin. Die Birkenscheite brennen schnell und erwärmen unsere Nylonbehausung sowie das Wasser. Das Wandern mit dem schweren Gepäck macht hungrig und müde.

Nachts weht der Wind immer stärker und entwickelt sich am Moren zu einem ausgewachsenen Schneesturm.

Schneeflocken werden durch die Lüftung und Kamin hereingeweht, das Wackeln des Zeltes schüttelt den Kamin samt Ofen bis er beginnt sich zu zerlegen. Ich baue ihn ab und packe ihn ein um Schäden zu vermeiden. Der Sturm bläst zum Ausgleich noch stärker.

Wir beschließen zusammenzupacken und in der Hütte zu frühstücken.

Der Sturm tobt um die Hütte und Karsten testet den Sturm
Der Sturm tobt um die Hütte und Karsten testet den Sturm

Ich habe Kopfschmerzen und mein Magen fühlt sich auch nicht so gut an. Das Müsli schmeckt mir nicht – schlechtes Zeichen. Karsten würde am Liebsten weitergehen durch den Sturm, aber ich fühle mich schlecht und so bleiben wir in der Hütte. Der Schwede ist mitsamt einem Kollegen wieder eingetroffen und hat wohl heute bessere Laune.

So lässt er uns bleiben und baut weiter an der Einrichtung. An jedem Möbel klebt ein Ikea Schild und so sind sie schnell zusammengesetzt. Ein neuer Ofen komplettiert die Ausstattung.

 

Der brandneue Hüttenofen stinkt am Anfang noch ziemlich.
Der brandneue Hüttenofen stinkt am Anfang noch ziemlich.

Am folgenden Tag geht es mir ein bisschen besser und so gehen wir zurück in die Abisko Touriststation. Die Temperatur ist deutlich gestiegen, das Eis des Flusses wird teilweise vom Wasser überströmt. Die gefährlichen Stellen lassen sich aber gut von den sicheren unterscheiden.

Unsicheres Eis
Unsicheres Eis

Wir bekommen ein Zimmer in der Jugendherberge. Toiletten und Duschen sind über den Gang zu erreichen, im Untergeschoss gibt es einen Raum für Ski und Ausrüstung, zwei Trockenräume und zwei Saunen.

Das Leben findet in zwei Gemeinschaftsküchen statt. Hier trifft man Reisende aus aller Welt, so manche Party wird gefeiert. Man sitzt zusammen und tauscht Erlebnisse und Tipps für die nächste Tour aus.

Alles ist vorhanden, vom Kaffeelöffel über Wasserkocher, Herd und Backofen bis zur Spülmaschine.

Im Hotel gibt es Frühstück und Abend Menü auch für Gäste der Jugendherberge. Beides ist sehr zu empfehlen, das Frühstücksbuffet für ca. 10 EUR und das Menü zum Preis von ca. 40 EUR sind das Geld wert. Außerdem lohnt sich die Mitgliedschaft im Schwedischen Touristenverein STF. Besitzern des Ausweises gewähren angeschlossene Betriebe und Hütten einen Rabatt von ca. 10 bis 15%.

 

Abisko Touriststation mit Polarlicht
Abisko Touriststation mit Polarlicht

Nach einer Dusche und der Nacht im Hostel geht es mir wieder gut, auch das Frühstück schmeckt wieder richtig gut. Wir besuchen die Sprechstunde der Bergführer und besprechen unsere weiteren Pläne sowie das kommende Wetter mit ihnen.

Das Wetter soll bedeckt und mit wenig Wind ganz gut werden für eine Bergtour. Zumindest in der Theorie…

Alles sieht gut aus, unsere Tour kann mit leichten Änderungen weitergehen. Also starten wir frisch gestärkt zur nächsten Etappe. Der Anfang des Kungsled hat es in sich, wenn man mit Ski und Pulka unterwegs ist. Mehrere kurze Steigungen sind zu bewältigen aber auch ein gutes Training für das was uns noch erwartet.

Wir kommen gut voran, aber auf dem Abiskojaure, dem See, der auch der Hütte den Namen gibt kommen wir in ein Schneegestöber. Endlich erreichen wir die Abiskojaurestuga und bekommen von der freundlichen Hüttenwartin ein Glas warme Fruchtsuppe. Genau das Richtige nach so einer Tour durch die Kälte.

Auf dem Absiko Jaure
Auf dem Absiko Jaure

Wir bekommen eine ausführliche  Einweisung in die Benutzung der Hütte und ziehen in den Schlafraum ein. Hier wohnen bereits drei deutsche Wanderer, ein Vater mit Sohn, der eine Knieverletzung hat und ein Skiwanderer aus Berlin, der uns auf dem Eis des Sees überholt hatte.

Im Nachbarraum wohnen vier Schweden, ein Paar mit erwachsenen Töchtern.

Zuerst nehmen wir das Angebot die Sauna zu besuchen an. Drei Räume gibt es, einen Umkleideraum, die ¨Dusche¨ und die Sauna. Hier brennt schon das Feuer in einem großen Ofen. Ein Aufsatz aus Edelstahl dient dazu das Wasser für die Wäsche danach zu erhitzen. Je nach Dauer, die es darin verbrachte ist das Wasser fast kochend heiß wenn es aus dem Hahn kommt.

 

Sauna Anleitung
Sauna Anleitung

Wir setzen uns auf die Pritschen und genießen die Hitze bis es zu heiß wird. Draußen kühlen wir uns mit Schnee ab, am meisten prickelt es wenn man sich Pulverschnee auf den Rücken wirft.

Nach dieser Abkühlung bestücken wir den Ofen mit etwas Holz und mit einem Aufguss wird die Hitze etwas tropischer.

Die abkühlende Dusche besteht aus Eimern mit kaltem Wasser und einem Eimer, der mit heißem Wasser vom Ofen gefüllt wird. Zum Mischen stehen Schüsseln zur Verfügung und die an der Wand hängenden Müslinäpfe sind zum Schöpfen und gießen. Urig.

Danach lassen wir den Abend bei einem Bier der Marke Norrlands Guld, ausklingen.

Aufstieg durch die Fjällbirken
Fjällbirken in allen Formen

Der Folgetag führt uns weiter auf unserem Plan. Wir verlassen die Abiskojaure Hütten und folgen dem Tal in westlicher Richtung. Der Weg führt entlang des Flusses, oft auch einfach über das Eis. Irgendwo muss es rechts abgehen in unser Hochtal, das wir durchqueren wollen.  Es führt ein Weg hindurch, der aber nur ein Sommerweg ist und nicht für Winterwanderer markiert.

Nun gilt es ihn zu finden. Das GPS zeigt einen Weg hinauf, wir folgen ihm aufwärts. Trotz des dichter werdenden Waldes kommen wir recht gut voran.Eine Brücke über den Bach, der das Tal markiert gibt einen Hinweis, auf einen Weg. Aber der metertiefe Schnee formt die Landschaft zu einem anderen Bild, als der Sommer. Wir steigen immer steiler bergan, der dichter werdende Wald wird zum Hindernis.

Vogelstimmen lassen mich aufhorchen – das müssen Schneehühner sein. Ganz nah hört sich das an. Plötzlich Flügelschlagen und ein Schneehuhn streift fast meine rechte Schulter. Es muss hinter mir aufgeflogen sein.

Karsten ruft ¨Ein Elch!¨ und links des Baches sehen ich einen, wie er sich hinter einen Felsen schiebt. Schade, so schnell hat man die Kamera leider nicht parat. Un wenn, dann gilt es zuerst den Atem zu bezwingen. Der Anstieg hat es in sich, das Gewicht der Pulka zerrt mit aller Macht an mir.

Aber dies ist ja erst der Anfang…

Die Bäume stehen immer enger und die Steigung nimmt zu. Selbst mit den Schneeschuhen wird es jetzt immer mühsamer. Ein Schritt, der Schneeschuh gräbt sich in den Schnee, rutscht zurück und findet Halt. Zehn Zentimeter gewonnen oder besser gesagt dem Hang abgetrotzt. An manchem Baum kann ich mich festhalten und hochziehen. Karsten kämpft sich irgendwo weiter links am Bach den Hang hoch, ich habe ihn aus den Augen verloren.

Aufstieg durch den Birkenwald
Aufstieg durch den Birkenwald

Langsam kommt die Baumgrenze näher, die Bäume wachsen nicht mehr so eng  zusammen.

Plötzlich löst sich eine Gruppe Schneehühner vom Boden und fliegt in Formation einen weiten Bogen. Diesmal erhasche ich einen Blick mit der Kamera, hoffentlich habe ich nicht zu stark gewackelt. Der Atem geht immer noch in vollen Zügen für diesen Hang braucht es einfach Power.

Ich verschnaufe noch etwas und sehe Karsten, wie er mit seiner Pulka arbeitet, Auch mit Backcountry Ski und Steigfellen ist es nicht leichter. Zwischen den Bäumen hat er mehr Probleme als ich mit den Schneeschuhen.

Tja, wir haben uns eben einen Sommerweg ausgesucht …

Der Beitrag wird fortgesetzt, schau wieder herein.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 

Wenn es Dir hier gefällt, empfehle mich weiter :)

RSS
Twitter
Visit Us
Follow Me
YouTube
YouTube
30 gratis GPS Tipps