Der Neuenburger See oder die Karibik der Schweiz

In Deutschland recht unbekannt, ist den Schweizern doch geläufig, dass karibisch anmutende Sandstrände unter helvetischen Flaggen zu finden sind.
Von der Schweiz in die Karibik? Sind das nicht etliche Seemeilen über den Atlantik? Und liegt die Schweiz nicht mitten in den Alpen?
Nein, der Erdkundelehrer hat uns keine falschen Tatsachen vorgegaukelt. Die Schweiz liegt in den Alpen und hat keinen Hochseehafen. Aber wie kommen die Schweizer nun zu Ihrer Karibik?
Ganz einfach. Im Westen des Schweizer Mittellandes, ungefähr dreißig Kilometer nördlich des Genfer Sees liegt der Lac de Neuchâtel, zu deutsch Neuenburger See. Und weil hier im Sommer die Sonne heiß auf die malerischen Sandstrände brennt, ist er für die Schweizer ihre Karibik. Damit nicht genug gibt es im Norden den Bieler See und im Nordosten den Murtensee, die durch Kanäle mit dem großen Bruder verbunden sind.

Auf der Sandbank vor Anker
Auf der Sandbank vor Anker

Unser Ziel in diesem Jahr war es, alle drei Seen mit unserer alten Sunbeam 22 zu erkunden. Das Boot hatte hier lange Jahre seinen Liegeplatz, wurde aber immer seltener bewegt und wechselte vor drei Jahren in unseren Besitz.
Anfang August erreichten wir den Hafen in Yvonand mit dem Boot auf dem Trailer. Der Termin zum Kranen war mit dem Hafenmeister bereits per E-Mail vereinbart. Das Gros an Gepäck und Verpflegung hatten wir bereits zu Hause an Bord der Pisco verstaut. Nach dem Einwassern waren noch die Formalitäten bei der See-Polizei unter Abgabe eines 100 Franken Scheines vorzunehmen. Der Beamte war sehr freundlich und erklärte mir, sogar in deutsch, noch ein paar Details, die es zu beachten gilt.
Die Sprache am Neuenburger See ist vorwiegend französisch. Einzig im Kanton Bern, zu dem der kleine Hafen Gampelen im Nord-Osten, gehört wird schweizer-deutsch gesprochen. Mit einem Meter Wassertiefe ist er für uns leider nicht erreichbar.
So konnte unser Törn am nächsten Morgen beginnen. Bei perfektem Sonnenschein aber schwachem Wind aus westlicher Richtung kreuzten wir auf unserem Kurs Nord-Ost. Dort liegt unser nächstes Ziel, der Canal de la Broye, die Verbindung zum Murtensee. Jeder Schlag ist ein Wechsel zwischen Weinbergen mit grünen Höhenzügen und der Ebene mit schroffen Kanten im Hintergrund. Wolken oder Berge? Meist ist es beides, aber bei genauem Hinschauen und guter Fernsicht kann man die Freiburger Berge gut erkennen und im Süden den höchsten Gipfel Europas, Mont Blanc. Besonders wenn der Himmel nach einem Sturm blank geputzt ist hat man die beste Sicht darauf, doch dazu später mehr.
Der Neuenburger See liegt in der Romandie, also im französischen Teil der Schweiz. Im Norden und Westen steigen die Juraberge auf, hier entstehen in den Dorfkäsereien schmackhafte Käsesorten wie Gruyère (Greyerzer) und Tête de Moine.

Creux du Van
Creux du Van

Die Uferhänge des Jura bieten entlang der drei Seen den sonnenverwöhnten Grund für Weinreben.
In den langen Wintern im Hoch-Jura beschäftigten sich die Bauern mit Feinmechanik. Daraus entwickelten sich weltbekannte Hersteller wie Bulgari, Chopard, Festina, Maurice Lacroix, Rolex,Thommen (Messgeräte), Tissot und Wenger (schweizer Taschenmesser). In den meisten Städten findet man ein Musee de l‘ Horlogerie (Uhrenmuseum) zum Bestaunen der feinmechanischen Meisterwerke.
Schluchten, Absinth Destillerien, wilde Hochebenen, das Creux du Van, ein riesiger Felskessel, den man in einer Tageswanderung von den Häfen St.Aubin oder Bevaix in einer Tagestour erreichen kann.
Im Osten liegt die Ebene der Aare, dahinter erheben sich die Gipfel der Freiburger Alpen.
Der Westwind meldete sich zunehmend stärker und hatte auch einige Böen im Gepäck.

Blick auf Estavayer
Blick auf Estavayer

Wind aus Südwest oder West bringt in der Regel Regen mit sich, so auch dieses Mal. Wir fuhren einfach den anliegenden Kurs weiter in den nächstgelegenen Hafen Estavayer. Dies ist einer unserer Favoriten. Günstig in der Nähe unseres alten Heimathafens gelegen, trieb uns so manches Gewitter hierher.
Die Marina liegt am Fuße der wunderschönen Altstadt mit mittelalterlicher Festung, umfriedet von der alten Stadtmauer. Zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten und der moderne und saubere Sanitärbereich sind ebenso Pluspunkte, wie der gute Cappuchino im Club de Voile.
Nach einem Frühstück aus frischen Brötchen und Croissants besserte sich die Stimmung, denn auch das Wetter wurde zusehends trockener und der Hauch von Wind zeigte eine leichte Tendenz zuzunehmen.
Nach ein paar Einkäufen und dem Genuss eines Cappuchinos bat ich die nette Bedienung um einen Beutel Eiswürfel für unsere Kühlbox und so konnte unser Törn weiter gehen.
Langsam dümpelnd wechselten wir vom Freiburger Land wieder in den Kanton Neuenburg. Der Wind war an diesem Tag doch nicht zum Segeln geschaffen. Immerhin trieb er uns bis Bevaix, einem Weindorf an der Pointe du Grain, die eine beliebte Ankerbucht mit feinem Kiesstrand bildet. Dort besuchten wir den einfach ausgestatteten Hafen, versenkten unseren neuen Pflugschar-Anker aber doch lieber in der Bucht vor der Pointe du Grain.

In der Bucht vor Pointe du Grain
In der Bucht vor Pointe du Grain

Wir bezogen den Wetterbericht von einer Satelliten-Wetterstation und aus der Website des Schweizer Fernsehen, die auch eine Wind-Vorhersage für Segler einschließt. Allerdings stimmten unsere Erfahrungen von vorhergegangenen Törns nicht immer damit überein. Eine gute Vorhersage wurde schon öfter durch ein Gewitter, das sich vergaß anzumelden, obsolet. Daher ankern wir inzwischen gerne in Hafennähe. Denn eins ist sicher, das nächste Gewitter kommt bestimmt wieder ohne schriftliche Anmeldung. Besonders im Norden im Grand Marais, einer einladenden großen Bucht mit Sandbänken und Vogelschutzgebiet wird es dann ziemlich ungemütlich. Bläst der Wind aus SW, hat er die gesamte Länge von 38 km des Sees um einen Schwell von bis zu zwei Metern aufzubauen. Diese Wellen zerren dann gewaltig an den Ankertrossen und den Nerven.
Rund um den Neuenburger See gibt es unzählige schöne Ankerplätze. Das Jura-Ufer im Nord-Osten bietet einige Buchten um das Grundeisen zu benutzen. Das Süd-Ost Ufer bildet die Grande Cariçaie, ein riesiges Schutzgebiet, das nur von einigen Orten unterbrochen wird. Die Besonderheit für das Boot fahrende Volk aber ist die Sandbank, die sich das ganze S-O Ufer entlangzieht und bei einer Wassertiefe von 30 cm bis 3 m eine 40 km lange Einladung zum Ankern darstellt.
Hier ist vorsichtige Fahrt, die Augen am Seegrund und die Hand am Steuer angesagt. Oft sind die flachsten Stellen an der Unterwasserkante der Sandbank. Das Ufer kann dabei mehr als einen Kilometer entfernt sein. An manchen Stellen sieht man Motorbootfahrer, die von einem Boot zum anderen laufen – für Segler eventuell nicht der beste Ankerplatz.
Grundberührung unter Abschmirgeln der Kielunterseite ist also vorprogrammiert. Oft schon habe ich unter Antrieb des Außenborders auf der Stelle gewendet und durch Ausreiten Krängung produziert um wieder los zu kommen.
Das klare Wasser des Neuenburger Sees macht es aber recht einfach. Wenn man den Sand und die Pflanzen am Grund scharf erkennen kann hat man noch eine Wassertiefe von ca. zwei Metern. Zwischen der Kante der Sandbank und dem Ufer liegen die schönsten Ankerplätze, die an Sommerwochenenden entsprechend beliebt sind.
Die letzte Nacht verhielt sich entsprechend dem Wetterbericht und so konnten wir nach einem Frühstück in der Morgensonne unter Segeln den Anker lichten. Der Wind frischte auf zwei Beaufort und trieb uns zügig weiter in Richtung Nord-Ost. Unterwegs schauten wir uns die Häfen Chevroux und Gletterens an, die wir bisher noch nicht kannten.

Hafenausfahrt Chevroux
Hafenausfahrt Chevroux

Chevroux gehört mit fast 1000 Liegeplätzen zu den größten Süßwasserhäfen Europas. Die Marina von Gletterens besteht aus einem Kanal, der bis in eine Ansiedlung von Ferienhäusern reicht. Bereits in der Steinzeit siedelten hier Menschen, deren Leben in einem authentisch nachgebauten Pfahlbaudorf (Village Lacustre de Gletterens) anschaulich wird. Gleich neben der Hafeneinfahrt lädt ein Sandstrand zum Sonnen und Baden ein.
Der Wind brachte uns nur bis Cudrefin, einem Dorf mit mittelgroßem Hafen. Kurz nach dem Anker klatschten die Kinder durch die Wasseroberfläche und genossen die Freiheit auf der riesigen Sandbank. Das Wasser des Neuenburger Sees ist hier glasklar, die Wellen bildeten ein Schattenspiel auf dem sandigen Grund.
Tags darauf riss ich den Zweizylinder an, der uns durch die Flaute zur Kanalmündung brachte. Mit gelegtem Mast tuckerten wir entlang des Canal de la Broye dem Murtensee entgegen. Im Kanal begegneten wir wenig Segelyachten. Motorboote in allen Variationen waren unterwegs, manches kündete vom Reichtum dieser Gegend. Der Lac de Morat empfing uns mit strahlender Sonne, was die Kinder erneut zum Testen des Badewassers bewog. Es war deutlich wärmer und trüber als das des Neuenburger Sees. Der Murtensee ist eben kleiner, flacher und hat auch nicht so einen starken Durchfluss.

Kaum stand der Mast, trieb uns der leicht auffrischende Wind gemächlich in Richtung Murten. Die kreisrunde Marina war voll von sonntäglichen Ausflüglern, nur noch ein Platz für Anlege-Profis war frei. Wir fuhren eine Runde zur Orientierung und spannten unsere Yacht diagonal zwischen zwei Pfählen fest und zogen das Heck an die Ecke des Stegs.

15-3Seen-Neuenburger See Murten
In Murten

Wie viele Städte dieser Gegend zeigte sich auch hier der Stadtkern in bestens erhaltener mittelalterlicher Bauweise. Ein Volksfest war in vollem Gange und zeugte von schweizerischer Geselligkeit. In Murten merkt man bereits die Nähe zum Kanton Bern, hier ist schweizer Deutsch ebenso zu hören wie schweizer französisch. Ja, auch die „Welschen“, wie die frankophonen“ Einwohner auch genannt werden haben einige eigene Ausdrücke, die vom französischen abweichen. Neuvante ist zum Beispiel das schweizer Wort für quatre-vingt dix, also neunzig. Manchmal muss man zwei mal zuhören …
Da uns der enge Hafen mit seinem Betrieb und seiner Geräuschkulisse nicht zum Bleiben einlud, ankerten wir draußen neben dem Bojenfeld des Yacht Clubs.

Unser Boot ankert vor Murten
Unser Boot ankert vor Murten

Der Grund ist in diesem warmen Gewässer stark bewachsen, meterhohe Unterwasserwälder verdecken die Sicht zum Grund und erschweren eine Tiefenmessung. In der Karte sind die Tiefenangaben auch sehr vage gehalten, Tiefenlinien sind nur dünn gepunktet. Also erahnt man den Grund eher und tastet sich langsam vor um einen Ankerplatz zu finden.
Tags darauf war wieder eitel Sonnenschein, ein schwacher Wind brachte uns in den Süden nach Faoug. Im Süden des Lac Morat lädt ein flach auslaufender Seegrund zum Ankern ein. Anderntags als der Wetterbericht wieder schwachen Wind und hohe Temperaturen ankündigte, zog es uns weiter. Auf dem Lac de Bienne (Biel) waren die Aussichten auf etwas Wind besser. Wir wollten beide Kanäle nacheinander fahren, um einmal das Mast legen zu sparen. Nachdem uns der schwache Wind nach Murten geschoben hatte, wo wir unsere Vorräte im Einkaufszentrum vor der Stadtmauer aufgefüllt hatten, überquerten wir den Rest des Sees unter Maschine.
Wieder Ankern, Baden und ab ging es über die schwache Strömung des Kanals zum Neuenburger See. In der Schweiz ist das Schwimmen in Flüssen und Kanälen eine verbreitete Freizeitbeschäftigung. Da muss der Rudergänger besonders aufpassen, die Köpfe der Schwimmer sind schwierig zu sehen.

Im Kanal zum Neuenburger See
Im Kanal zum Neuenburger See

Im großen See war der Wind deutlich aufgeweckter. Zuerst beabsichtigten wir in einer Bucht des grand Marais zu ankern. Die zunehmende Dünung brachte unser Boot so stark ins Rollen, dass der gelegte Mast mitsamt der zweibeinigen Halterung beträchtlich schwankte und an seiner Befestigung zerrte. Also suchten wir Schutz im Ziehl-Kanal, wo wir nach der Eisenbahnbrücke an einem freien Pfahl ankern konnten.
Ja, das grand Marais ist bei süd-westlichem Wind mit Vorsicht zu genießen. Mit stehendem Mast ist es schwieriger einen geschützen Liegeplatz in der Nähe zu finden. Gampelen hat nur eine Tiefe von einem Meter, im Kanal ist ein weiterer Campinghafen, privat und sehr eng und die vorhandenen Pfähle vor der Eisenbahnbrücke sind meist belegt. Die nächsten Häfen sind Cudrefin oder St. Blaise, vier bis fünf Kilometer entfernt. Im südlichen Teil des Kanals ist ein Kies-Hafen, daher ist hier werktags mit viel Verkehr und Wellenschlag durch Großschiffe zu rechnen.

Segeln auf dem Bieler See
Segeln auf dem Bieler See

Der nächste Tag führte uns durch den Ziehl-Kanal nach Norden, wo wir vor Landeron das Rigg wieder aufrichteten. Der Hafen ist mittelgroß und gut ausgestattet. Um aber an den Gastplätzen festzumachen muß der Anker an Bug oder Heck ausgebracht werden. Leider hält der matschige Grund diesen nicht allzu gut.
Die mitten in den Bieler See ragende Landzunge, die Petersinsel, bietet beste Bedingungen, den Anker in das flache Wasser zu werfen und hinterher zu springen. Im Gegensatz zum Murtensee ist das Wasser des Bieler Sees kälter als im Neuenburger aber ebenso klar. Gerade am Süd-Ufer merkt man deutlich den kühlenden Einfluss der einmündenden Aare.
An der Südküste der Halbinsel verbrachten wir die recht windige Nacht im Port Rousseau, einem Anleger ohne schützende Mole und Sanitäranlagen. Er gehört zu einem ehemalige Kloster, das heute ein beliebtes Hotel – Restaurant beherbergt.

Port Rousseau
Port Rousseau

In den Marinas des Kanton Bern am Bieler See ist es üblich die Liegegebühren an einer Parkuhr zu begleichen, so auch hier. Zu finden ist der Automat vor den Hotel, ein Hinweisschild am Anleger war bei unserem Aufenthalt nicht zu sehen. In manchen Häfen ist auch tagsüber eine Gebühr fällig, über die der jeweilige Automat informiert.
Auch am Folgetag blies es noch stabil aus Süd-West. Wir nutzten den günstigen Wind für die Fahrt nach Biel. Zwei bis drei Beaufort füllten die zum Schmetterling ausgestellten Segel und mittags erreichten wir die Marina. Der Hafen liegt nicht sehr idyllisch am Stadtrand, sehenswert ist aber die Altstadt der Uhrenmetropole. Mit Biel hatten wir auch den Wendepunkt unseres Törns erreicht.

Um die Nacht etwas ruhiger zu verbringen kreuzten wir am späten Nachmittag gegen den nachlassenden Wind in Richtung Süd-West. Ein kleiner Hafen beim Örtchen Mörigen sollte unser Ziel werden. Eine betonnte Einfahrt führte uns zwischen Pappeln und Büschen zu den drei Gastplätzen. Wassertiefe 1,6 m laut Hafenplan würden uns gut reichen. Wir legten am Stegende an. Um einige Akkus zu laden wollte ich später die Pisco etwas weiter zum Stromanschluss am Sanitärgebäude treideln. Das ging gerade mal einen Meter weit. Der Schlick hatte die Wassertiefe wohl doch schwinden lassen, mein Kiel mit 1,45 m steckte fest. Also Kommando zurück, gut dass ich nicht mit Schwung herein gefahren bin.
Der nächste Tag brachte wieder bestes Wetter, nur nicht für große Törns. Ein bis zwei Beaufort schoben uns gemächlich weiter auf dem Rückweg.

auf dem Bieler See
auf dem Bieler See

Einen letzten Hafen des Bieler Sees und das dazugehörige Dorf Erlach wollten wir uns noch anschauen. Der mittelalterliche Ortskern mit dem Schloss liegt gut zu verteidigen auf der Kuppe eines Hügels. Enge, verschlafene Gassen und ein Backhaus mit Aussicht laden zur Besichtigung ein. Das jüngere und jetzt lebendige Ortszentrum liegt am Fuß des Hügels außerhalb der alten Umfriedung. Ein großer Badestrand verbindet Hafen und Campingplatz.

Erlach in der Abendsonne
Erlach in der Abendsonne

Am nächsten Morgen war ich früh wach. Wir lagen auf der spiegelglatten Wasseroberfläche vor Anker. Der See war noch ganz still, lediglich ein Fischerboot zog mit seinen Schleppangeln kleine Wellen hinein. Was ein Gegensatz zum Tag, wenn Motorboote den Kurs kreuzen, Fahrgastschiffe hupend den Anleger ansteuern und Kinder im Wasser toben. An den Juraseen scheint die Welt für die Fischer noch ihre Ordnung zu haben.

Fischer auf dem Bieler See
Fischer auf dem Bieler See

Für uns Segler gibt es außer den Fischerbooten, hier gekennzeichnet durch weiße Bälle aus zwei Holzkreisen, Fahrgastschiffen, die sich gerne mit ihrem Horn bemerkbar machen, auch Kies-Schiffe, die Wegerecht haben.
Abermals legten wir den Mast und folgten dem Ziehlkanal zurück zum Neuenburger See.

Ziehl-Kanal mit Bergen
Die Einfahrt zum Ziehl-Kanal mit den Freiburger Bergen im Hintergrund

Im grand Marais suchten wir uns eine schöne Stelle zum Baden und um das Rigg wieder aufzurichten. Diesmal wares windstill, optimal zum Chillen, suboptimal zum Segeln. Abends zogen über den Jura-Bergen dunkle Wolken auf. Um nicht wieder mitten in der Nacht von dem zweimeter-Schwell geweckt zu werden motorten wir zu den Riffen von la Ramée, wo wir in Sichtweite zum Hafen von St. Blaise ankerten. Durch einige Erfahrungen mit Sommergewittern auf dem Neuenburger See bin ich vorsichtig geworden. Nach einem eindrucksvollen Lichtspiel mit der Abendsonne lösten sich die dunklen Wolkengebirge diesmal über Nacht in Wohlgefallen auf.

Segler im Lichtspiel
Segler im Lichtspiel

Der nächste Tag glänzte wieder in der Sonne – abermals mit wenig Wind. Wir besuchten das Laténium, das archäologische Museum in Hauterive. Funde aus 50.000 Jahren Leben am Neuenburger See sind hier zu sehen.

Pfahlbau im Laténium
Pfahlbau im Laténium

So dümpelten wir bei Minimalwind geruhsam gen Süden um unserem Ziel Yvonand näher zu kommen. Die Zeit der nachmittäglichen Flaute verbrachten wir auf der Sandbank nahe Portalban. Ebenso wie am Seegrund zeichneten sich in den obersten Wolkenschichten feine Wellenlinien ab…
Zur Nacht suchten wir die große, gut ausgestattete Marina auf. Sie ist von weitem durch ein stilisiertes Segel am Anleger erkennbar, das nachts durch seine Beleuchtung weithin zusehen ist. Die Gastplätze sind jeweils an den Steg-Enden, nicht alle mit Strom versorgt. Der 35 Tonnen Kran und die Seetankstelle bieten gute Möglichkeit hier einzuwassern, auch steht ein riesiger Parkplatz zur Verfügung. Verpflegung bietet ein kleiner Laden auf dem angrenzenden Campingplatz.
Die Sanitärgebäude bestanden aus Containern, da im Jahr 2014 der Neubau für Hafenrestauration und Versorgung eröffnet wird.
Der nächste Tag brachte erst mal auch nicht mehr Luftbewegung, doch das sollte sich noch deutlich ändern. Wir nutzten jeden Hauch zur Fortbewegung, wir hatten ja auch noch ein paar Tage Zeit. Am Nachmittag frischte der Wind auf und der Spaß am Segeln stellte sich wieder ein. Wir kreuzten südwärts, wo sich unter dem blauen Himmel etwas Düsteres zeigte.

Das Gewitter naht
Das Gewitter naht

Sehr entgegenkommend zeigte sich auf Höhe der Pointe de Grain eine mächtige Gewitterwolke über dem Süd-Ende des Sees. Wir nahmen Kurs auf den Hafen von Bevaix, der uns am nächsten lag. Nur noch wenige hundert Meter trennten uns vom sicheren Hafen, als uns die Böenwalze versuchte nieder zu hämmern. Der Sturm heulte durchs Rigg, der Zeiger des alten Krängungsmessers verließ seine Skala und das Boot beschleunigte wie lange nicht mehr.
Sofort luvte ich an um der Krängung entgegen zu wirken. Jetzt zeigte sich die schlechte Seite des Kanadiers. Bisher war er unser optimales Dingi für Landgänge und kleine Ausflüge. Jetzt riss er an der Leine wie ein wild gewordener Hengst. Die Rumpfgeschwindigkeit wurde eindeutig zu hoch für ihn, er surfte unkontrolliert zur Seite. Der daraufhin folgende Ruck des Schlepptaus bewirkte, dass er sogleich ein paar hundert Liter Wasser schöpfte und umzuschlagen drohte. Wir zogen ihn mit gemeinsamen Kräften heran und fixierten ihn mit der Spitze am Heckkorb, damit er gerade hinterher surfte und das meiste Wasser durch das Gefälle zum Heck wieder verlor.
Die Böen wichen inzwischen dem Gewitterwind, der immerhin gleichmäßiger blies. So erreichten wir kurz danach den sicheren Hafen.
Bevaix hat eine mittelgroße Marina. Gastplätze sind gleich nach der Einfahrt an Steuerbord und am Ende der rechten Gasse. Die hinteren sind vor Wind geschützter und mit Strom- und Wasserversorgung.
Weinberge umgeben den Hafen und das anliegende Wohnviertel. Das Dorf liegt 1,5 km weiter oberhalb des Ufers und bietet gute Einkaufsmöglichkeiten.
Aus dem Gewitter wurde ein Süd-West Sturm, die ganze Nacht und den darauf folgenden Tag klapperten Fallen, zerissen Biminis, flatterte alles was nicht absolut fest gezurrt war.
Auch damit muss man am Neuenburger See rechnen. Immerhin gehört er zum Schweizer Jura, einer Wetterküche besonderer Güte.

Das Matterhorn überragt das Panorama
Der Mont Blanc überragt das Panorama

Erst am zweiten Tag nach unserer Ankunft drehte der Wind auf Nord-Ost, es wehte die Bise, ein bei Seglern beliebter Wind, der mehrere Tage anhalten kann. Mit seiner Hilfe erreichte ich unser Ziel Yvonand in nur einer Stunde, fast schade, denn das Segeln macht mit der Bise richtig Laune.

Auch das passende Bier bekommt der Segler.
Auch das passende Bier bekommt der Segler hier.

Unsere Favoriten am Neuenburger See im Uhrzeigersinn:
Grand Marais Untiefen, nicht bei S-W Wind.
In der Nähe der meisten Häfen gibt es gute Ankerplätze. Die sanitären Anlagen der Häfen sind sauber, manchmal klein und einfach, meist aber modern und gut ausgestattet.
Port de Cudrefin: mittelgroß, Strand, Strom am Liegeplatz, Ort in Fußgängerentfernung, Bäcker, Laden.
Gletterens, mittelgroß Kanal (am Ende eine Brücke!), Denner-Markt und Restaurant in Gehweite. Steinzeitliches Dorf Village Lacustre.
Portalban, groß, Strom teilweise am Liegeplatz, Laden auf dem Campingplatz in Fußgängerentfernung.
Port de Chevroux, mittelgroß, Strom am LP, Strand, Bäckerei mit Shop im Ort
Estavayer, groß, Strom am LP, Club de Voile – Hafencafé, Bäcker in Gehweite. Viele Geschäfte, sehenswerte Altstadt.
Cheyres. mittelgroß, modern, Ort mit kleinen Geschäften in Gehweite.
Yvonand, mittelgroß, Bootsgassen eng, Gastplätze bei der Hafenmeisterei, Restaurant Le Colvert, Laden im Campingplatz La Menthue oder Einkaufsmöglichkeiten im Ort.
Ankern in der Bucht vor Yverdon (nicht bei Bise).
Grandson, mittelgroß, Ort mit kleinen Geschäften (Brot gibt es im Kiosk) in Gehweite.
Concise, mittelgroß, moderne Fingerstege, Ort mit kleinen Geschäften in Gehweite.
Bevaix, mittelgroß, Gastplätze rechts vorne und rechte Gasse hinten, Ort mit allen Einkaufsmöglichkeiten in ca. zwei km Entfernung.
Ankerbucht südlich der Pointe du Grain, Kiesstrand, Grillplatz.
Port du petit Cortaillod, klein, Ort in Gehweite.
Am N-W Ufer gibt es wenige Ankerplätze und mancher Hafen liegt nah bei der Eisen- oder Autobahn, dort hört man den Verkehrslärm, hat aber auch gute Verbindungen.
Hauterives, mittelgroß, Gastplätze für Kletter-geübte, Laténium, archäologisches Museum.
St. Blaise, mittelgroß, modern, große Boxen (für kleine Boote lange Leinen bereitlegen) Ort mit allen Einkaufsmöglichkeiten in Gehweite.
Riff von La Ramée, große Findlinge am Grund.
Zulassung:
Nach dem Einwassern muss ein anmeldepflichtiges Wasserfahrzeug bei der See-Polizei angemeldet werden.Vorzulegende Unterlagen: Nachweis der Haftpflicht-Versicherung, Zulassungsschein.
Die Anmeldung gilt für einen Monat, ab dem auf das Anmeldedatum folgenden Monatsende. Also meldet man sein Boot zum Beispiel am 30. 7. an, gilt die Zulassung bis 31.8.. Meldet man es zum 1.8. an gilt sie bis 30.9. des Jahres. Die Zulassung kostet inklusive Kennzeichen für das Boot 100 CHF.
Die Notruf Nummer ist 117.
Wassersport-Info für ausländische Schiffe auf Gewässern im Kanton Bern: http://www.pom.be.ch/pom/de/index/strassenverkehr-schifffahrt/schifffahrt/bernische_gewaesser.assetref/content/dam/documents/POM/SVSA/de/pom_svsa_mb021-schiffe-auslaendischer-standort.pdf
Literatur:
Guide des 3 lacs, (Drei Seen Führer) Neuenburger, Bieler & Murtensee, Jean de Bosset, 28,- CHF. (francais, deutsch, english).
http://www.boatdriver.ch/hafenfuehrer-seefuehrer-bielersee-neuenburgersee-murtensee
Seekarte Neuenburger, Bieler & Murtensee, Jean de Bosset, 28,- CHF. (francais, deutsch, english)
http://www.boatdriver.ch/seekarte-bielersee-neuenburgersee-murtensee-aare
Auch vor Ort in den Ausrüster-Läden erhältlich.
Wanderkarte Kümmerly+Frey Neuenburg, Val de Travers, Val de Ruz
Diverse gratis Infos der Touristen Büros.
Weitere Informationen:
http://www.segelrevier.ch/schweiz
Infoblatt vom ADAC für die Schweiz: http://www.adac.de/_mmm/pdf/Schweiz%20NEU_57415.pdf
Segel-Wetterbericht von Schweizer Fernsehen: http://meteo.srf.ch/sfmeteo/surf_and_sail_weather
Zwischen Estavayer und Chevroux liegt ein Schießgebiet, bitte die Aushänge in den Hafen beachten.
Chartern:
Yvonand: http://www.lesvikings.ch/
Estavayer: http://www.alphavoile.ch/alpha-voile-de/location-bateau-voile-moteur.html

Meine Wegpunkte mit Häfen, Riffs, Untiefen, Einkaufsmöglichkeiten und anderen nützlichen Punkten:

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Kommentare

2 Antworten zu „Der Neuenburger See oder die Karibik der Schweiz“

  1. Avatar von Markus Zürcher
    Markus Zürcher

    Nur eine kurze Bemerkung zu einem Bildkommentar. Das Matterhorn, obwohl es der berühmteste Berg der Schweiz ist, ist vom Neuenburgersee aus nicht zu sehen. Wahrscheinlich ist es der Mont Blanc. Auch die bekannten Berge Eiger, Mönch und Jungfrau sind vom Neuenburgersee aus zu sehne.

    1. Avatar von Michael Blömeke
      Michael Blömeke

      Danke für den Hinweis, den Mont Blanc habe ich eigentlich auch gemeint, mich nur verschrieben.

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